Bericht über einen einwöchigen Aufenthalt auf der Huskyfarm im Sommer
Text: Alina Spiegel Fotos. Björn Klauer

Huskyfarm | Innset (Bardu), 16.07. – 22.07.

Nach dem überraschend luxuriösen Hotel in Bergen erwarteten wir einen herben Schock: In einer kalten Hütte auf kleinen Betten mit dem Geheul der Huskys einzuschlafen – das entsprach nicht unseren Wunschvorstellungen einer bequemen Ferienunterkunft. Diesen Wunschvorstellungen entsprach aber die “Hütte” mit Sauna, 2 Badezimmern und (im Vergleich zu den vorherigen Häusern sehr) großen Betten, die gefühlt doppelt so groß ist wie die alte Fährhütte. Direkt mit Blick auf die Huskys aufwachen, mit den 8 Welpen und der Mami bzw. Pflegemama der 7 adoptierten braunen spazieren gehen, die Hunde füttern…
Nun ja, zum Hundefüttern muss noch etwas gesagt werden: als wir nach unserer Ankunft bei der Fütterung zugeguckt haben und dann auch gleich mit einbezogen wurden, dachten wir erst an so etwas wie eine Raubtierfütterung. Mit der Zeit gewöhnt man sich an den Lärm und das übermütige Herumgespringen, aber beim ersten Mal war alles relativ überwältigend. Der Tagesablauf hier beginnt mit dem Welpenspaziergang. Abends gibt es auch eine feste Reihenfolge: Das 2. Mal Auslauf für die Rasselbande, dann die Hunde anketten, Futter bringen (der Napf ist erschreckend schnell leer), Näpfe wieder einsammeln, Ausmisten, Wasser auffüllen und die Hunde wieder “befreien”.

Zu den Adlern

Da die Welpen ja auch einmal ein bisschen Abwechslung benötigen, wurde beschlossen, sie mit dem Auto zum Ørneberget (Adlerberg) zu transportieren und dann mit ihnen die Umgebung zu erkunden. Nachdem sie alle ins Auto verfrachtet waren und die winselnde Flocke im Zwinger zurückgelassen wurde, ging es auf ins große Abenteuer. Der Ørneberget macht seinem Namen alle Ehre und die Adler ließen nicht lange auf sich warten. Gerade sind wir angekommen und schon ist die Hundebande im Wald, beschnuppert Beeren, wälzt sich ausgelassen im Gras, tapst durch Pfützen und verschlingt das beliebte Moos (offenbar eine Delikatesse). Von Regina werden uns fleischfressende Pflanzen, Seeadler und Goldregenpfeifer gezeigt und gerade mit den abenteuerlustigen Welpen sieht man, wie lebendig und abwechslungsreich die Natur des Berges ist. Stine nutzte ihre Größe schamlos aus und führt die kleinen Abenteurer zu den interessantesten Stellen. Als man schließlich nichts mehr von der Rasselbande sah, musste Regina sie natürlich wieder zurückholen. Der Jagdruf “Welpen!” funktionierte, man sieht erst nur ein paar wackelnde Ohren und Schwanzspitzen, bis die anstürmenden Entdecker mit viel Gelächter begrüßt wurden.
Kaisa, die Hofhündin, musste den Welpen erst einmal zeigen, wie man einen Bach überquert. Bei der Lektion “Rentierfell ordnungsgemäß verputzen” war allerdings das Unterrichtsmaterial viel zu spannend, sodass der resignierten Lehrerin gar keine Beachtung geschenkt wurde. Mit der Jagdbeute im Maul ging es wieder zurück über Heidekraut, Steine und durch einen Wald voller Mücken, Orchideen und Moltebeeren. Ach, und Maisches Bremstaktik muss auch noch erwähnt werden. Wenn man immer mit Vollspeed den Berg heruntersaust, muss irgendwie auch gestoppt werden können – klar. Aber wenn die Hinterbeine schneller sind als die vorderen, hilft nur noch eines: eine Bauchlandung. Maische hat diese so perfektioniert, dass sie einfach die Vorderpfoten nach vorne ausstreckt, die Hinterpfoten und das Hinterteil auf den Boden, den Kopf in das Gras gräbt und den Bauch als zusätzliche Sicherung benutzt. Beim abendlichen Kurzspaziergang waren alle geschafft und nicht einmal das Kanu war mehr interessant.

Auch unsere Wanderung am nächsten Tag war sehr erlebnisreich. Mit den beiden Leihhunden Tornado (weiblich)und Ranne (männlich) wanderten wir ungewöhnlich schnell zum Altevatn. Wir sahen mehrere Goldregenpfeifer und für kurze Zeit auch tote Lemminge und einen toten Vogel, die sofort in Tornados Magen landeten. Im Gegensatz zu Ranne liebte Tornado Wasser, Schlamm und alles, was feucht war. Ranne wurde nur von den Samen auf der Farm untergebracht, die hier ihr Basislager mit Vorräten im Kühlraum haben und die Duschen auf der Farm nutzen.
Sümpfe, Strände, Bäche, Pfützen, Felswände und -böden, Heide. Alles war spannend – nicht nur für die Hunde.
Tornado roch jedes Lemmingloch und jeden Vogel, wälzte sich im Gras, patschte durch den Schlamm. Ranne sprang übermütig von Hügel zu Hügel (hier muss erwähnt werden, dass er dies mit allen vier Pfoten in der Luft tat), fand jede Schlammpfütze zum Trinken, steckte den Kopf ins Gras und beleckte Steine. Wir wurden von den Hunden gezogen (derjenige, der keinen Hund hatte, fiel stark zurück), mussten im Stehen essen um die Hunde von den Keksen fernzuhalten und versuchten verzweifelt, mit den ziehenden Hunden über die schmalen, matschigen Balken zu balancieren, die über und teilweise durch die Sumpfpfützen gelegt waren. Ansonsten war es eine sehr entspannte Wanderung.

Der Raufußbussard

Björn bot an, uns am nächsten Tag in den Canyon zu führen. Mit Kaisa ging es mitten durch den Wald über einen nicht zu erkennenden Pfad. Als wir in den Canyon hinabstiegen, entpuppte Kaisa sich als echt clevere Bergziege (Entschuldigung, Berghusky) und sie umging die schwierigsten Stellen, in dem sie einfach durch das Wasser plantschte. Das konnten wir natürlich nicht. An senkrechten Felswänden und ausgewaschenen “Badewannen” entlang, durch das Wasser (ja, durch!), über Moosbüschel zum Wasserfall. Raufußbussarde begleiteten uns schimpfend und schreiend und als wir beim Wasserfall angelangten, sahen wir wieso. Ein kleiner Bussard hockte auf einem schmalen Felssims direkt neben dem herabdonnernden Wasser. Ohne eine Regung verweilte er, bis wir wieder verschwanden – Puhh, erfolgreich vertrieben! Als Kaisa auf dem Rückweg innehielt, begeistert schnupperte und dann entschlossen anfing, ein paar moosige Felsstufen zu erklimmen, wunderten wir uns erst, wieso. Dann sahen wir ihn – einen kleinen Bussard, mit weit geöffnetem Schnabel und panischem Blick. Ein Biss nach links und das Federbündel wäre weg – aber Kaisa sah den Vogel nicht, der verängstigt versuchte, sich zu verteidigen. Anscheinend waren die ersten Flugversuche gescheitert.
Tornado freute sich zwei weitere Male über Auslauf und auch Bams durfte uns begleiten. Wir stiegen über den kleinen “Staudamm” und der wasserliebende Bams fand es besonders schön, im Fluss zu baden. Tornado brauchte auch eine Abkühlung und tauchte ihre Schnauze in das kühle Nass, um nach Leckerli zu tauchen. Viele Fotos wurden gemacht, viele gelöscht. Denn die beiden Schlittenhunde auf ein Foto zu bekommen, war sehr schwer. Genauso wie die Welpen. Sie alle in ein Kanu zu verfrachten und über den See zu schippern – ein schier unmögliches Unterfangen. Doch wir wagten einen Versuch, eine vertrauensbildende Maßnahme wie diese zu starten. Mit Schwimmwesten ausgestattet (und in der Erwartung, nass zu werden) stiegen wir in den “Welpen-Express”. Regina und Jule sollten rudern, ich auf die Rasselbande aufpassen. Wie das? Naja, wenn einer in den See fällt, drehen wir und du musst dann im richtigen Moment zupacken, hieß es.

Zum Glück war kein Abenteurer in der Stimmung, die nasse Welt außerhalb des Bootes zu erkunden. Als wir anlegten und ich mitsamt Welpen ausstieg, kam Flocke gleich angesprungen, um sich zu vergewissern, ob es allen gut geht. Knott nahm Reginas Schlachtruf vom Kanu aus (Welpen! Hiet, hiet, hiet) viel zu ernst und sprang todesmutig in das Wasser. Das war natürlich nicht geplant. Eigentlich sollte man mit dem Boot mitlaufen…

Grillen

Abends stand das Grillen Im Lavvu, einem traditionellen Zelt der Samen, auf dem Plan. Auf Rentierfellen machten wir es uns am Lagerfeuer gemütlich. An der Feuerstelle wurde Saibling mit Stöcken am Brett festgenagelt, ein halbes Rind gegrillt und selbstgemachte Riesenwürste vertilgt. Als schließlich neugierige Gäste ankamen, waren wir mitten beim Essen, unterhielten uns und hatten es uns auf den bequemen Rentierfellen gemütlich gemacht. Die beiden guckten nur entgeistert auf das Grillgut, was auch gut für doppelt so viele gereicht hätte und verschwanden schnell wieder. (Am besten hätte Björn noch gerade einen Knochen für die brav vor dem Zelt liegende Kaisa herausgeworfen…). Es regnete und regnete wie auf Bestellung, während wir im gemütlichen Zelt saßen, doch als wir schließlich alle satt waren, war der Himmel wieder wunderschön und die Berge in das orangefarbene Abendlicht getaucht.
Am Morgen kam dann die besorgte Frage des Gastes: “Und, haben sie denn gestern Abend alles gut überstanden?” und wir können uns jetzt noch über die Vorstellung totlachen, dass der Mann bestimmt gedacht hat, bei den Wikingern gelandet zu sein…

Der letzte Tag wurde noch einmal voll ausgeschöpft: Es wurde mit selbst ausgekämmten Hundehaaren (gemischt mit Schafwolle) gefilzt, das Ergebnis: ein Umiak darstellenden Husky. Das schöne Wetter wurde noch für einen Spaziergang mit Tornado und Bams genutzt, die Fütterung und der Welpenspaziergang wurden besonders genossen, alle Hunde noch ein letztes Mal gestreichelt und fotografiert, der Hundeplan korrigiert, die Lieblingshunde besonders bekuschelt, die “Hundesachen” in einen extra Koffer gesteckt.

Am Ende muss man sagen, dass aller Abschied schwer ist. Aber dieser hier ist sehr schwer. Und es ist schön, wenn man Ende eines Urlaubs sagen kann: Wir würden wiederkommen. Und das haben wir hier in Innset auch getan: Wir kommen bestimmt wieder!!!