Eine Tourenbeschreibung unserer Tour Expedition Dividal.
Text: Kirsten Weckenmann. Photos: Kirsten und Thomas Weckenmann.
Ende Januar: Endlich ist es soweit! Wir steigen in Bardufoss, einer kleinen Stadt ca. 150 km südlich von Tromsö aus dem Flugzeug und werden von einer wunderschön verschneiten Winterlandschaft empfangen. Die Temperaturen sind moderat aber deutlich unter Null.
“Hallo! Ich bin Björn”. Mit einem freundlichen Lächeln begrüßt uns Björn Klauer, der Besitzer der Huskyfarm in Innset, die der Ausgangspunkt für unseren ‘Outdoor Abenteuer’ Urlaub ist.
Schon Anfang Januar 2008 haben wir diese Reise gebucht, da die Hundeschlittentouren bei Björn Klauer heiß begehrt und daher immer sehr schnell ausgebucht sind.
Wir, das sind mein Mann Tommi und ich, zusammen mit unseren Freunden Arne und Kirsten aus Neumünster.
Ein Jahr voller Vorfreude auf unsere Hundeschlittentour durch den Dividal Nationalpark 300km nördlich des Polarkreises.
Nun verstauen wir unser Gepäck in Björns Bus und schon auf der einstündigen Fahrt nach Innset erleben wir die ersten echt nordischen Eindrücke. Nach einigen Kilometern kreuzt die erste Elchkuh unseren Weg und kurz vor unserer Ankunft auf der Huskyfarm verfärbt sich der Nachthimmel. Mit einem überirdischen grün leuchtet das Nordlicht vom nächtlichen Himmel. “So empfangen wir immer unsere Gäste auf der Huskyfarm”, sagt Björn und grinst.
In Innset angekommen erwartet uns ein gemütliches Gästehaus. Wir beziehen unsere Zimmer und schon in der Nacht heißen uns auch die vierbeinigen Bewohner der Huskyfarm willkommen. Immer wieder stimmt einer der Hunde den ‘Huskygesang’ an. Einer nach dem anderen fallen die anderen Hunde ein und das Ganze findet seinen Höhepunkt in einem vielstimmigen Geheul.
Wir liegen in unseren Betten, lauschen den Hunden und schlummern langsam ein.
Am nächsten Morgen ist der Horizont rötlich verfärbt. Bisher hat sich die Sonne noch nicht über den Horizont des Tales gewagt, indem das kleine Dorf Innset liegt, aber in einigen Tagen kann man auch hier wieder den roten Feuerball am Himmel sehen. Die Tage werden zusehends länger, bis es dann, Ende April, gar nicht mehr dunkel wird.
Nach einem entspannten Frühstück gehen wir raus zum ‘Hunde-kennen-lernen’, was bei 65 Huskys nicht so einfach ist.
Husky bedeutet ursprünglich Schlittenhund und so sind auch hier die meisten Hunde Mischlinge zwischen den einzelnen Schlittenhundrassen.
Björn bevorzugt die ‘Grönländer’. Durch ihre robuste Statur eignen sie sich hervorragend als Expeditionshunde. Jonny Grunnberg, Björns Freund und Partner, hat seine eigenen Hunde und schwört auf ‘Alaskan Huskys’, die viel zierlicher sind. Diese Hunde werden oft auch in Rennen eingesetzt.
Als wir uns den kleinen Hundehütten nähern, blicken uns die Huskys mit ihren braunen oder blauen Augen erwartungsvoll an, in der Hoffnung auf eine Extraportion Streicheleinheiten.
Nach ausgiebiger Knuddelrunde, schnappen wir uns zwei Senioren, die auf den Touren nicht mehr eingesetzt werden und spazieren mit ihnen hoch zum Altevatn See.
Dazu bekommen Arne und ich einen Bauchgurt umgeschnallt an dem der Hund befestigt wird,
so das er/sie wenigstens etwas das Gefühl hat im Gespann zu laufen.
Nach dem zweistündigen Spaziergang wartet erstmal die heiße Holzofensauna auf uns und zum Abkühlen geht es geht es direkt nach draußen in den Schnee.
Punkt 18:00 Uhr folgt dann das Highlight eines Hundetages; Fütterzeit!!
Schon ab 17:30 Uhr macht sich eine gewisse Unruhe unter den Hunden breit. Immer wieder heulen einzelne Hunde oder kleine Grüppchen und je näher sich die die Zeiger der Uhr der Futterzeit nähern, desto größer wird die Unruhe. Als Björn um 18:00 Uhr aus der Haustür tritt gibt es für die Hunde kein Halten mehr.
Als erstes werden die Welpen in ihren Freilaufgehegen an einzelnen Ketten festgemacht. So verbinden sie später nur positives mit dem Anketten.
Jeder Hund bekommt ca. 1 Kilogramm einer sehr gewöhnungsbedürftig riechenden Masse, bestehend aus Fisch, Fleisch und sehr viel Fett. Ein Hochleistungsfutter für Leistungssportler, aber eine Zumutung für unsere Nasen. Den Hunden schmeckt es jedoch hervorragend, denn in weniger
als einer Minute hat jeder seine Portion aufgefressen.
Am nächsten Morgen ist es erstmal vorbei mit dem schönen Weather. Wir werden von Windböen geweckt, die um das Gästehaus pfeifen.
Die Temperatur zeigt -11 Grad Celsius, doch der starke Wind von etwa 6-7 Bft drückt sie nochmals auf gefühlte -30 Grad.
Um 10:00 kommt Björn, um uns mitzuteilen welche Hunde zu unseren Gespannen gehören.
Ich bekomme Ronja als Leithündin, neben ihr läuft Banaq. Das zweite Paar bilden Baikal und Taina, Troll und Umiaq laufen nebeneinander direkt vor dem Schlitten.
Ein leistungsstarkes Team, ich bin sehr gespannt!
Nach dem Frühstück geht es trotz eisigem Wind nach draußen, Hundeköttel wegputzen und dann ab zu ‘unseren Hunden’ für die nächsten zehn Tage.
“Hallo Ronja“, begrüße ich meine Leithündin und lasse sie an meiner Hand schnuppern. “Wir beide werden uns sicher prima verstehen.”
Ronja ist der einzige dunkle Hund in meinem Gespann, indem, wie überhaupt auf der gesamten Huskyfarm, die Farben grau und weiß dominieren.
Banaq, ein hübscher grauer Rüde, blickt mich erwartungsvoll aus seinen stahlblauen Augen an. Ich habe mich sofort in diesen ‘charming boy’ verliebt, der es aber faustdick hinter den Hundeohren hat, wie ich noch merken werde.
Baikal ist der größte Rüde im Gespann. Ein richtiger Husky, wie er im Buche steht, mit kleinen Ohren und richtig dickem Fell. Seine Partnerin vor dem Schlitten ist Taina. Sie und Umiaq sind viel zierlicher als die anderen und Taina gleicht eher einem Schakal mit ihren großen
Ohren. Beide sind sehr verschmust und freuen sich über jede Streicheleinheit.
Troll dagegen ist ein richtiges Kraftpaket. Als Alpharüde macht ihm keiner so schnell den Platz streitig. Aber auch er wedelt mich erwartungsvoll an und dreht sich gleich auf den Rücken, damit ich ihm den Bauch streichele.
Heute und morgen dürfen sich die Hunde noch erholen und Kraft sammeln, bevor wir dann am Tuesday zu unserem gemeinsamen Abenteuer aufbrechen.
Den Rest des Tages verbringen wir mit Langlauf und nachdem wir abends bei Björn und Regina zum Essen eingeladen sind, geht es nochmals in die Sauna.
Heute wird es ernst. Die erste Fahrt mit dem Übungsschlitten rund um die Huskyfarm steht auf dem Programm.
Björn zeigt uns, wie wir das Hundegeschirr anlegen und wie eingespannt wird; immer von vorn nach hinten und, sehr wichtig: den Leithund zuerst. Die Zugleine, die in der Mitte der Hunde verläuft muss immer gespannt sein, damit die Hunde sich nicht im Leinenwirrwarr verheddern können.
Wir machen den Übungsschlitten fertig und Kirsten und ich sollen hinter Björn die erste Proberunde fahren. Björn entknotet seine Leine und fährt an. Jetzt bin ich an der Reihe; Sicherheitsleine lösen und los geht’s! Unglücklicherweise ist der Boden vereist. Ich rutsche aus, verliere den Kontakt zum Schlitten und die Hunde rasen von dannen. Zum Glück ist Björn vor mir und hält mein Gespann auf. Binnen Sekunden steigt mein Adrenalinspiegel. Björn beruhigt mich, aber ich ärgere mich über meinen unbeholfenen Auftakt, auch wenn der Rest der Proberunde ohne weitere Desaster verläuft. Ich sehe dem morgigen Tag nun mit einem mulmigen Gefühl im Magen entgegen.
Am Nachmittag kommt Björn zum ‘Materialcheck’. Die persönliche Ausrüstung jedes Einzelnen von uns wird auf Herz und Nieren geprüft und fehlende Teile werden aus dem großen Fundus der Huskyfarm ergänzt. Danach spielen wir das Katastrophenszenario durch, und hoffen, daß wir die Sicherheitsmaßnahmen im Falle eines Schneesturms nie anwenden müssen.
Vor dem Einschlafen gehe ich nochmals mein Gespann durch; welche Hunde laufen nebeneinander und präge mir die wichtigsten Kommandos ein: sto – steh, ya – los geht’s, höire – rechts, venstre – links.
1. Tourentag
Der Wecker klingelt um 7:30 Uhr. Ich habe Schmetterlinge im Bauch. Heute beginnt unsere achttägige Tour durch den Dividal Nationalpark. Acht Tage ohne die Annehmlichkeiten der Zivilisation, die für jeden von uns so selbstverständlich sind. Wir sind vorbereitet auf eine Woche
ohne Strom, Heizung, fließend Wasser und Toiletten, abgeschnitten von der Außenwelt, denn schon wenige Kilometer von der Huskyfarm entfernt besteht auch kein Handyempfang mehr.
Nach dem opulenten Frühstück, das Regina uns auftischt, packen wir unsere Schlitten. Jeder bekommt zusätzlich zur eigenen Ausrüstung eine Kiste gefrorenes Hundefutter auf seinen Schlitten gepackt, danach werden die Dinge, die dem Allgemeinwohl dienen; Töpfe, Kessel, Zelt,
Rentierfelle, Axt, Schaufel, Petroleumkocher und Petroleumlampe, auf die Schlitten verteilt. Björn transportiert zusätzlich unseren Proviant.
Kirsten und ich als ‘Leichtgewichte’ bekommen die schweren Ausrüstungsgegenstände auf unsere Schlitten gepackt, damit wir der Zugkraft unserer Hunde etwas entgegenzusetzen haben.
Als die Hunde uns mit den Geschirren in der Hand kommen sehen gerät die ganze Huskyfarm in helle Aufregung. Alle Hunde möchten mit auf unsere Tour.
Jeder von uns macht seinen eigenen Schlitten fertig und spannt seine Hunde davor. Noch ein letzter Blick auf unser Gästehaus und ab geht die Hundepost. Diesmal klappt mein Start ohne Komplikationen. Wir verlassen die Strasse Richtung Altevatn. Diese Strecke kennen wir
ja schon von unserem Spaziergang. Nach etwa fünf Minuten kommt es zum ersten Zwischenfall.
Kirsten, die mit ihrem Schlitten hinter mir fährt, kommt immer näher, ihre Fußbremse greift auf der vereisten Strasse nicht und schon zieht ihr Schlitten an mir vorbei. Ihre Leithunde blaffen mein hinterstes Hundepaar an. Troll, der sowieso schon schlechte Laune hat, weil seine
Hüttennachbarin auf der Huskyfarm läufig war, fackelt nicht lange und weist Kirstens Leithunde in die Schranken. Ronja, meiner Leithündin kommt die Rauferei gerade recht, sie stürzt sich auch ins Getümmel und schon ist das Chaos perfekt. Fassungslos blicke ich auf ein knurrendes, zähnefletschendes und um-sich-beissendes Hundeknäuel, bestehend aus Kirstens und meinem Gespann.
Als ich meine Schrecksekunde überwunden habe greife ich aktiv in das Geschehen ein. Zum Glück kommt Björn von vorne angelaufen. Die Hunde unterwerfen sich dem ‘Big Boss’, und es kehrt Ruhe ein. Die Gespanne sind sortiert, die Hunde tun so, als ob gar nichts vorgefallen ist und es kann weitergehen. Ich brauche allerdings einige Minuten, um mich von dem Schrecken zu erholen.
Wir verlassen die Strasse und fahren direkt auf den zugefrorenen See. Zu dieser Jahreszeit ist die Eisschicht auf dem 60km langen Altevatn mindestens einen Meter dick.
Der Blick ist atemberaubend. Die Berggipfel werden indirekt von der Sonne angestrahlt und es bilden sich rosa und hellblaue Lichtreflexe an den Hängen.
Nach ca. 18 km erreichen wir unser erstes Quartier, die Gaskas Hütte.
Zu allererst werden die Hunde versorgt. Jeder von uns transportiert auf seinem Schlitten ein Stahlseil, das zwischen zwei Bäume gespannt wird und an dem sich sechs bis acht Karabinerhaken befinden. Dieses Seil dient als Nachtlager für die Gespanne.
Nacheinander bedanke ich mich bei meinen Hunden für den gelungenen Start. Meine Streicheleinheiten werden mit Gewedel und Hundeküßchen erwidert.
Wir tragen unser Gepäck zur Hütte, und jeder geht seinen Aufgaben nach, die Björn am Vortag verteilt hat.
Arne ist unser Heizer. Er ist dafür zuständig, dass wir es in der Hütte immer mollig warm haben. Björn und Tommi gehen zum Bach, Eis aufhacken und Wasser holen. Kirsten und ich räumen unsere Sachen in die Hütte.
Inzwischen ist 15:30 Uhr und die Dämmerung bricht an. Björn entzündet die Petroleumlampe und kocht uns eine heiße Suppe. Wir lassen den Tag Revue passieren und sind uns einig, das es für den Anfang gar nicht so schlecht geklappt hat.
Punkt 18:00 Uhr werden wieder die Hunde gefüttert. Auf den Touren wird das gleiche Futter verabreicht, wie auf der Huskyfarm, nur in gefrorener Form. Anschließend waltet ‘Koch Björn’ seines Amtes und zaubert uns ein leckeres Essen aus Reis, Bohnen und Elchhack.
Mit solchen Köstlichkeiten hat keiner von uns gerechnet, wir hatten uns eher darauf eingestellt, den Gürtel eine Woche lang etwas enger zu schnallen.
Wir beschließen den Abend bei Tee mit Rum und verkriechen uns bald in unsere Schlafsäcke.
2. Tourentag
Der zweite Tourentag beginnt um 7:00 Uhr morgens. Unser Heizer soll den Ofen befeuern. Arne macht allerdings dabei soviel Radau, das alle aufwachen. Ich ziehe mir den Schlafsack über die Ohren und bin sofort wieder im ‘Land der Träume’, so das ich Björns Weckruf “Der Kaffee ist fertig” glatt verschlafe.
Nach dem Frühstück geht es los zu unserer zweiten Tagesetappe. Zuerst überqueren wir wieder den Altevatn und fahren dann durch ein Birkenwäldchen bergauf. Die Strecke ist schon etwas anspruchsvoller, da wir immer wieder einzelnen Bäumen ausweichen müssen, und das Lenken der Schlitten, vor allem im beladenen Zustand, doch einige Übung erfordert.
Die Natureindrücke sind phänomenal; verschneite Bäume, gefrorene Wasserfälle und eine weiße Landschaft, soweit das Auge blickt.
Wir erreichen einen kleineren See und Björn gibt seinen Hunden den Befehl die Richtung zu ändern. “Höyre!” Das ganze Gespann, bei Björn besteht es aus neun Hunden, wendet gleichzeitig nach rechts ab. Ein beeindruckendes Bild.
Nach vier Stunden erreichen wir das ‘Lavvu’, ein von Björn und Jonny gebautes Samenzelt, indem wir die heutige Nacht verbringen werden. Das Lavvu liegt sehr idyllisch und windgeschützt in einer kleinen Bucht und bietet Platz für acht bis zehn Personen. Den Mittelpunkt des Zeltes bildet ein gusseiserner Ofen. Unser Heizer waltet seines Amtes und binnen kürzester Zeit haben wir es
kuschelig warm im Zelt. Wir sitzen um den warmen Bollerofen genießen unser Süppchen und unterhalten uns, bis es um 18:00 Uhr wieder Zeit zum füttern ist.
Es ist immer noch nicht kalt draußen. Das Thermometer fällt nicht unter -10 Grad Celsius und die trockene Kälte ohne Wind ist für uns sturmerprobte Inselbewohner gut auszuhalten.
Vor dem Schlafengehen putzen wir uns draußen die Zähe im T-Shirt und waschen uns mit Schnee. Geschlafen wird rund um den Ofen auf Isomatten und Rentierfellen. In der Nacht wache ich auf und habe das Gefühl eine Hode Grizzlybären hat das Lavvu erobert.
Für den Fall eines kollektiven Schnarchens habe ich Ohrstöpsel in der Innentasche meines Schlafsacks deponiert, die jetzt zum Einsatz kommen.
3. Tourentag
Am nächsten Morgen weckt uns Kaffeeduft der durch das Lavvu zieht. Beim Frühstück besprechen wir unsere heutige Tagesetappe. Björn zeigt uns auf der Karte wo es hingeht. Wir werden über einen Pass jenseits der Baumgrenze zur nächsten Hütte fahren. Allerdings werden wir vorgewarnt, das wir den Hunden heute ordentlich helfen müssen, da es einige steile Passagen zu überwinden gilt, und die Hunde ja nicht nur unser Gewicht, sondern auch das der voll gepackten Schlitten ziehen müssen.
Wir verlassen das gemütliche Lavvu, packen unsere Schlitten und spannen die Hunde an. Das Weather ist gut und ich hoffe auf einen schönen Ausblick. Nach dem doch etwas schweißtreibenden Aufstieg empfängt uns der Pass jedoch im Nebel. Schade!!
Runter geht es sehr viel schneller. Wir rauschen durch einen dick verschneiten Märchenwald und es macht mir und auch den Hunden totalen Spaß mit dem Schlitten die Hänge hinab zu sausen. Aber auch hier ist konzentriertes Fahren erforderlich. Der Schlitten muss durch bremsen so kontrolliert werden, daß das Spannseil immer unter Spannung steht, damit der Schlitten nicht schneller wird als sein Gespann und wohlmöglich einen der Hunde überfährt.
Wir erreichen unser nächstes Quartier erst in der Dämmerung. Wow! Mitten im Märchenwald steht eine kleine Hütte, die aber allen Luxus bietet, den man sich mitten in der Wildnis nur wünschen kann; Zwei Schlafräume, ein geräumiges Wohnzimmer mit einem großen Ofen und das Highlight: eine Holzofensauna.
Die Hunde sind ganz schön fertig und kringeln sich nach dem Ausschirren sofort ein. Wir erholen uns bei einem Saunagang und genießen den Luxus uns mit heißem Wasser waschen zu können, das die Männer mit Hilfe eines Eisbohrers aus dem See geholt und anschließen auf dem Ofen erhitzt haben. Das leckere Abendessen und der anschließende Tee mit Rum verstärken unsere Müdigkeit und so fallen wir bald todmüde in unsere Schlafsäcke.
4. Tourentag
Unser vierter Expeditionstag bricht an. Um es den Hunden nach der gestrigen Strapaze etwas leichter zu machen, entladen wir unsere Schlitten, um zu einer ‘ Leerfahrt’ aufzubrechen. Am Abend wollen wir in unsere ‘Luxushütte zurückkehren.
Ohne Zusatzgewicht ist mein Gespann zu schnell und so muss ich schweren Herzens Umiaq an Arne ausleihen. Wir vereinbaren aber, das sie zum Schlafen an mein Stahlseil zurückkommen darf und dann von mir eine extra Portion Streicheleinheiten bekommt.
Schon am Vortag habe ich bemerkt das Taina läufig wird. Banaq, mein kleiner Charmeur hat meine Vermutung bestätigt, indem er gestern versuchte mit Baikal, der neben Taina läuft, rumzustänkern.
Kurz nach dem Start bleibt Ronja, meine Leithündin unvermittelt stehen, dreht sich um und knurrt Taina an. ‘Zickenalarm’! Auf mein Zurufen reagiert sie nicht und bevor die Situation eskaliert, werfe ich meinen Schlitten um drohenden Hunden, nur jetzt ja keine Rauferei anzufangen. Die Situation entspannt sich zum Glück. Ich richte meinen Schlitten wieder auf und fahre weiter. Trotzdem bin ich ins Schwitzen geraten und so stehe ich bei – 10 Grad Celsius ohne Mütze und Handschuhe und mit offener Fleece-Jacke auf dem Schlitten und genieße den Fahrtwind.
Tommis Hunden steckt der gestrige Tag noch in den Knochen und ich muss immer öfter abbremsen. “Sto Ronja!” Meine Hunde bleiben stehen und Banaq blickt mich mit seinen himmelblauen Augen erwartungsvoll an, als ob er sagen will: “Warum halten wir denn schon wieder? Geht es bald weiter?”
Ronja und Banaq aber auch meine anderen Hunde sind enorm fleißig und binnen kürzester Zeit haben wir Tommi schon wieder eingeholt. Etwas besser wird es als Björn Tommis Leithund Tiro gegen dessen Sohn Knerten austauscht, der bisher in der Mitte von Tommis Gespann gelaufen ist.
In der Pause wird auch in meinem Gespann eine kleine Veränderung vorgenommen. Um dem nächsten ‘Zickenalarm’ vorzubeugen, bauen wir eine Pufferzone zwischen meine beiden Hundedamen ein uns spannen Taina nach hinten neben Troll. Der ist hocherfreut über die
läufige Nachbarin, was zur Folge hat, dass er das Laufen vergisst und sein Interesse ganz Taina widmet. Mein Gespann fällt deutlich zurück und ich habe das Gefühl, noch einen Hund weniger vor dem Schlitten zu haben. Trotz allem, ist es sehr lustig zu beobachten, wie Troll versucht Tainas Aufmerksamkeit mit kleinen Küsschen zu erregen.
Auf dem Rückweg folgen wir einer Rentierspur und angespornt durch den Geruch der Rentierköttel schlagen die Hunde ein enormes Tempo an.
Ich bin heilfroh, daß wir bisher noch keiner Rentierherde begegnet sind, da ich so meine Zweifel habe, ob ich im Ernstfall mein Gespann halten kann.
Nach unserem vierstündigen Ausflug erreichen wir wieder unsere Hütte, wo schon die heiße Sauna auf uns wartet.
Nach dem Abendessen kümmern sich heute die Männer um den Abwasch. Ich habe noch nie erlebt, daß eine so einfache Hausarbeit so viele Diskussionen erzeugt. Aber nach einer halben Stunde haben Tommi und Arne auch diese Herausforderung bravourös gemeistert. Allerdings schmollt Arne, da er jetzt ‘Spülhände’ hat. Wir können seine gute Laune wieder herstellen, indem wir alle zusammen “Anno Domini” spielen.
5. Tourentag:
Am nächsten Morgen klart der Himmel auf und Björn schlägt vor, nochmals auf den Pass oberhalb der Baumgrenze zu fahren, in der Hoffnung, dass wir diesmal eine schöne Aussicht haben. Wir wollen heute nur einen kurzen Ausflug machen, um die Hunde für den morgigen Tag zu schonen, denn dann wollen wir noch höher in die Berge, zu einer Hütte, die man nur erreichen kann, indem man eine Höhe von über tausend Meter überwindet.
Als wir starten geht es erst wieder über einen der vielen zugefrorenen Seen. Als Björn eine Rechtskurve fährt, kürzen alle Gespanne ab. Bremsen ist auf den vereisten Seen nur in vereinzelten Schneewehen möglich und so haben alle ihre liebe Not, die Hunde anzuhalten.
Ich finde eine Schneewehe und mein Gespann steht. Aber Kirsten hinter mir hat weniger Glück. Ihre Hunde kommen Björns Schlitten immer näher und die Leinen verheddern sich. Ich kann eine Lücke zwischen Björn und Kirsten ergattern und Tommi fädelt sich hinter mir ein. Der Rest der Tour verläuft reibungslos.
Wir haben diesmal auf dem Pass einen schönen Blick und genießen die weite Aussicht. Allerdings wird es immer wärmer; nur noch -1 Grad Celsius und uns allen ist von dem steilen Aufstieg ganz schön warm. Als wir nach zwei Stunden wieder unsere Hütte erreichen tropft der Schnee von den Bäumen ‘Tauwetter’! Laut Björn aber nichts Ungewöhnliches. Es gibt auch hier oben im hohen Norden, Tage im Januar, an denen die Temperatur die Null Grad Marke übersteigt. Der Luftdruck ist sehr hoch. Zum Sonnenuntergang reißt der Himmel richtig auf, präsentiert uns ein herrliches Abendrot, das Schnee und Eis leuchten lässt. Es wird immer wärmer und die Temperaturen erreichen Plusgrade.
Nach dem Abendessen telefoniert Björn, via Satellit, mit Regina in Innset, um den Weatherbericht abzurufen. Leider keine guten messageen. Für morgen ist starker Wind angesagt, was noch nicht so schlimm ist, aber für Monday sind 8,3mm Niederschlag gemeldet, das bedeutet eine große Menge Neuschnee. Diese Vorhersage wirft unsere gesamte Planung über den Haufen. Wir werden morgen nicht in die Berge fahren, da die Gefahr besteht, daß wir am Monday von dort nicht wieder fortkommen. Björn schlägt vor, morgen direkt zur Gaskas Hütte zurück zu fahren und dort die Entwicklung des Weathers abzuwarten. Sollte am Monday tatsächlich starker Schneefall einsetzen,
haben wir dort ein warmes Plätzchen um Abzuwarten, das Weatherberuhigung eintritt. Außerdem ist der Heimweg am Tuesday nicht mehr weit, so dass wir die Strecke auch mit viel Neuschnee gut bewältigen können. Sollte der Weathergott uns gnädig sein, und der starke Schneefall
tritt nicht ein, haben wir die Möglichkeit auch von dort aus eine Tagestour in die Berge zu unternehmen. Ich hatte mich zwar schon auf die morgige Tour gefreut, aber Sicherheit geht nun mal vor.
Als Björn am späten Abend nach draußen geht, ruft er uns “Nordlicht!” Wir treten vor die Tür. Der Himmel ist sternenklar und im Norden erstrahlt smaragdgrün das Polarlicht. Ich blicke gebannt in den Himmel und bin mir sicher, dass ich diesen Anblick nie vergessen werde.
6. Tourentag
Am nächsten Morgen ist der Himmel immer noch klar und der Wind vom Vortag hat nicht abgenommen. Außerdem ist das Thermometer immer noch nicht in den Minusbereich gerutscht.
Wir packen unsere Sachen zusammen und verabschieden uns von unserer Luxusunterkunft.
Es geht direkt auf dem Altevatn See zurück Richtung Gaskas Hütte. Stunde um Stunde fahren wir über den See. Der Wind kommt direkt von vorn. Meine Hunde haben es schwer gegen den Wind den voll gepackten Schlitten zu ziehen und so fordere ich in der ersten Pause meine Hündin Umiaq von Arne zurück. Der ist zwar nicht begeistert, lässt sich dann aber doch überzeugen.
Wir spannen Umiaq neben Baikal, der freut sich wieder eine Nachbarin zu haben, was sich darin äußert, das er ständig versucht sie zu besteigen.
Weiter geht es auf dem See, immer geradeaus. Zwischendurch malt die Sonne wieder ihre farbenprächtigen Schattenbilder auf das Eis. Von vorn nähert sich jedoch grau das angesagte Schlechtwettergebiet.
Die letzte halbe Stunde unserer Tagesetappe peitscht uns der Wind Graupelschauer ins Gesicht und ich bin froh, als wir den Altevatn verlassen und die Gaskas Hütte in Sicht kommt.
7. Tourentag
Am Mondaymorgen ist die Temperatur glücklicherweise auf -3 Grad Celsius gefallen und schon in der Nacht hat leichter Schneefall eingesetzt. Die Weathervorhersage scheint sich nicht zu bewahrheiten und so können wir am vorletzten Tag unseres ‘Outdoor Abenteuers’ nochmals einen Ausflug in die Berge unternehmen.
Während des Frühstücks entdeckt Tommi, beim Blick aus dem Fenster, einen Fuchs. Das Tier scheint verletzt zu sein, denn man erkennt deutlich das es auf einem Vorderlauf lahmt. Unsere Hunde haben den Fuchs schon lange bemerkt und schauen gebannt in dessen Richtung.
Als das Tier aus unserem Blickfeld verschwindet stimmen die Huskys ihr kollektives Geheul an.
Nach dem Einspannen geht es noch einmal steil bergauf. Troll ist inzwischen so fixiert auf die läufige Taina, das er einmal wieder das Laufen vergisst. Umiaq habe ich wieder an Arne ausgeliehen und so bin ich schweißgebadet, als wir oben auf dem Berg ankommen.
Wir befinden uns auf über 1000 Metern und haben ungefähr 500 Höhenmeter überwunden. Normalerweise hat man von hier oben einen wunderschönen Blick in die Täler, aber der Weathergott meint es einmal wieder nicht gut mit uns, denn dichtes Schneetreiben und Nebel lassen Berge und Täler im Einheitsweiß verschwinden.
Nach dem beschwerlichen Aufstieg wartet nun eine rasante Abfahrt auf uns. Die Hänge sind steil und ich muss mich mit beiden Füßen auf die Bremse stellen, die in dem verharschten Schnee schwer greift. An einer besonders steilen Passage klemmt Kirstens Fußbremse. Bei dem Versuch den Schlitten umzuwerfen, kommt sie ins straucheln und verliert den Kontakt zum Schlitten.
Ein führerloses Gespann rast auf mich zu. Schon sind ihre Leithunde auf meiner Höhe. Tommi vor mir bremst, und auch ich habe mein Gespann im Griff und bleibe stehen. Glücklicherweise verfangen sich die hintersten Hunde von Kirsten zwischen meinen Beinen und ihre Rabauken bleiben stehen. Kirsten hat sich aufgerappelt, läuft zu ihrem Schlitten und wir fahren schnell wieder los.
Björn hat etwas weiter vorn angehalten, um zu sehen, ob sich die Situation entspannt hat. Bei dem Versuch seinen Anker aus dem verharschten Schnee zu ziehen stolpert nun er. Seine Hunde rennen den nächsten Abhang hinunter und schleifen Björn, der sich immer noch am Anker festhält einige Meter hinterher. Dem erfahrenen Musher, so nennt man den Führer eines Hundegespannes, gelingt es seine Hunde zum Stehen zu bringen, so dass er schnell auf den Schlitten springen und die Abfahrt fortsetzten kann.
Nun wird mir die ganze Situation doch etwas unheimlich. Ich kralle mich an meinem Schlitten fest und erhöhe die Bremsbereitschaft. Als wir im Tal angekommen sind atmen alle erleichtert auf.
Beim Rückweg über den See reißt der Himmel auf und wir haben schönstes Winterwetter. Nach der rasanten Abfahrt gleiten wir entspannt über die meterdicke Eisschicht und ich bekomme meine sentimentalen fünf Minuten ob der Tatsache, daß unser Abenteuer morgen zu Ende ist. Meine Sicht verschwimmt, denn meine Augen füllen sich mit Tränen. Glücklicherweise bin ich in diesem Moment des Wehmuts allein mit meinen Hunden, die mich sicher verstehen können, da auch sie es mehr alles andere lieben mit dem Schlitten unterwegs zu sein.
Bedingt durch das gestrige Tauwetter, ist der Schnee schwer und pappig. Hunde und Menschen haben es nicht leicht, sich ihren Weg durch die weiße Masse zu pflügen. Als wir bei unserer Hütte ankommen, sind alle sehr erschöpft und müde.
8. Tourentag
Am nächsten morgen fallen dicke Flocken vom Himmel. Der letzte Tag unser Expedition Dividal ist angebrochen und unsere Tour nähert sich leider ihrem Ende. Die Hunde wittern Stallgeruch und so geht es in einem Höllenritt die 20 Kilometer zur Huskyfarm hinunter.
Auch bei dem Kaffee und Blaubeerkuchen, den Regina zur Feier unserer Rückkehr vorbereitet hat, bleibt unser ‘Höllenritt’ das Gesprächsthema Nummer eins.
Am Abend heißt es Abschied nehmen. Wir sind ein letztes Mal bei Regina und Björn zum Essen eingeladen. Es gibt Elch Braten!
Wir bedanken uns für die unvergesslichen Tage und Björn findet, dass wir eine tolle Gruppe waren. Auch Ihm hat es Spaß gemacht, gemeinsam mit uns unterwegs in ‘seiner Wildnis’ zu sein.
Doch unser Trinkspruch gilt denjenigen, die uns dieses Abenteuer erst ermöglicht haben;
“Auf die Hunde!” Wir erheben unsere Gläser und ich bin mir sicher, dass jeder von uns jetzt in Gedanken bei seinem Gespann ist.
Da wir am nächsten morgen schon um fünf Uhr Innset verlassen müssen, um unseren Flieger nach Hamburg zu erwischen, geht es vor dem Schlafengehen nochmals zu ‘unseren Hunden’. Schweren Herzens verteile ich meine letzten Streicheleinheiten und bekomme als Dankeschön ein paar Hundeküsschen zurück. Als ich in Banaqs stahlblaue Augen blicke verspreche ich ihm und mir, dass ich auf jeden Fall bald wiederkommen werde.